Arbeitskräfte in den einzelnen MEM-Berufen

Der MEM-Fachkräftemonitor enthält für jeden der 16 Fokusberufe detaillierte Daten zu allen abgedeckten Indikatoren. Hier werden die detaillierten Einzelanalysen im Rahmen einer Synthese zusammengefasst. Dabei wird sowohl der gegenwärtige als auch der zukünftige Arbeitsmangel thematisiert. 

Gegenwärtiger Arbeitskräftemangel

Eine niedrige Arbeitslosenquote bei einer gleichzeitig hohen Quote von offenen Stellen ist ein Anzeichen für einen ausgeprägten gegenwärtigen Arbeitskräftemangel (vgl. Abb. 2). Innerhalb der MEM-Industrie ist dies der Fall für ICT-Spezialisten, wissenschaftliche Berufe (inkl. Ingenieure), Betriebswirte und Kaufmännische Fach- sowie Führungskräfte. Bei diesen Berufen ist die Tertiärausbildung (höhere Berufsbildung oder Hochschule) stark überdurchschnittlich vertreten. Aber auch Elektriker und Elektroniker sowie Monteure, bei denen die Sekundärbildung stark bzw. die Tertiärbildung unterdurchschnittlich verbreitet ist, gehören zu dem am stärksten betroffenen Berufen.

In einer weiteren Gruppe von Berufen ist die Arbeitslosenquote zwar niedrig, die Quote der offenen Stellen aber unterdurchschnittlich. Dies spricht für eine mittlere Betroffenheit vom Arbeitskräftemangel. Dazu gehören Berufe wie Geschäftsführer, Führungskräfte in der Produktion und Ingenieurtechnische Fachkräfte, welche alle ebenfalls einen überdurchschnittlichen Anteil an Arbeitskräften mit Tertiärbildung aufweisen. Weitere Berufe mit tiefer Arbeitslosigkeit aber unterdurchschnittlich vielen offenen Stellen sind Metallarbeiter, (Poly-)Mechaniker und Produktionsmechaniker sowie Bediener von stationären Anlagen und Maschinen.

Bei Berufen mit einer hohen Arbeitslosenquote und einer unterdurchschnittlichen Quote der offenen Stellen ist der Arbeitskräftemangel am niedrigsten (und evtl. besteht hier auch gar keine eigentliche Mangelsituation). Zu diesen Berufen zählen Allgemeine Büro- und Sekretariatskräfte, Präzisionshandwerker und Hilfsarbeiter. Bürokräfte im Bereich Finanz-, Rechnungs- und Materialwesen gehören nicht in diese Kategorie der Berufe, sondern liegen hinsichtlich der Arbeitslosigkeit und offenen Stellen genau im Durchschnitt der Berufe in der MEM-Industrie.

Arbeitslosenquote und Quote der offenen Stellen, Ø 2018-22


* gekappt bei 4,9%, ungekappter Wert bei 14,1%

Quelle: SECO, X28, BFS, BAK Economics

Code Titel des MEM-Berufs
1 Geschäftsführer, etc.
12 Führungskräfte kaufmännisch
13 Führungskräfte Produktion u. spez. DL
21 Naturwissensch., Math. u. Ing.
24 Betriebswirte u. vglb. Spezialisten
25 Spezialisten in ICT
31 Ingenieurtech. u. vglb. Fachkräfte
33 Betriebswirt. u. kaufm. Fachkräfte etc.
41 Allg. Büro- u. Sekretariatskräfte
43 Bürokräfte Fin.- u. Rechn.w., Statistik, Material
72 Metallarb., (Poly-)Mech., Produktionsmech. etc.
73 Präzisionshandw., Drucker u. kunsthandw. B.
74 Elektriker u. Elektroniker
81 Bediener stationärer Anlagen u. Maschinen
82 Montageberufe
93* Hilfsarb. Herst. v. Waren, Transport, Bau etc.

Das Verhältnis zwischen der Arbeitslosigkeit und den offenen Stellen in einem Beruf gibt Auskunft über den Mismatch zwischen dem Arbeitsangebot (Arbeitslosigkeit) und der Arbeitsnachfrage (offene Stellen). Im Schnitt stehen in der MEM-Industrie über alle Berufe gesehen 100 offenen Stellen 90 Arbeitslose gegenüber, d.h. es sind mehr Stellen ausgeschrieben, als es Arbeitslose gibt. Selbst wenn man alle Arbeitslosen in offene Stellen vermitteln könnte, wäre die Nachfrage nach Arbeitskräften noch nicht gedeckt.

Die Ausprägung des Mismatches variiert sehr stark über die Berufe: Bei den ICT-Spezialisten beispielsweise stehen 100 offenen Stellen nur 16 Arbeitslose gegenüber. Hier besteht also ein substanzieller Nachfrageüberhang. Bei den Allgemeinen Büro- und Sekretariatskräften ist es dagegen andersrum: Auf 100 offene Stellen kommen 252 Arbeitslose. Noch viel stärker ausgeprägt ist dies bei den Hilfsarbeitskräften. Überall wo Ähnliches der Fall ist, könnte ein mehr oder weniger umfassendes Up-Skilling für (arbeitslose) Arbeitskräfte ein wichtiges Instrument sein, um in Berufe zu migrieren, wo sie stärker gebraucht werden.

Anzahl Arbeitslose pro offene Stelle, Ø 2018-22

* Wert gekappt bei 5,0, ungekappt bei 36,0

Quelle: SECO, X28, BAK Economics

Zukünftiger Arbeitskräftemangel

Pensionierungen verringern das Arbeitskräftepotenzial und Arbeitsangebot. Insgesamt werden in der MEM-Industrie ein Fünftel (19 Prozent) der Arbeitskräfte innert 10 Jahren pensioniert (vgl. Abb. 3). Das sind 4 Prozentpunkte mehr als vor einer Dekade (15 Prozent), was die Alterung der Gesellschaft widerspiegelt und die Akzentuierung des Problems aufzeigt. Ist der Anteil der Alterskohorte 55-64 an den Erwerbstätigen in einem Beruf hoch, dann verstärkt dies innerhalb der nächsten 10 Jahre tendenziell den Arbeitskräftemangel.

Am höchsten ist der Anteil der Neupensionierungen an den heutigen Erwerbstätigen bei den Geschäftsführern. Hier müssen innert 10 Jahren 26 Prozent der heutigen Arbeitskräfte wegen Pensionierung ersetzt werden. Auch bei Führungskräften in der Produktion und im kaufmännischen Bereich ist der Anteil der Neupensionierung überdurchschnittlich hoch. Führungspersonen sind in der Regel erfahrene Arbeitskräfte, die in der MEM-Industrie häufig aus anderen Berufen wie z.B. den Ingenieuren rekrutiert werden. Deshalb ist es bis zu einem gewissen Grad natürlich, dass bei ihnen die Alterskohorte 55-64 besonders stark vertreten ist.

Überdurchschnittlich viele Arbeitskräfte werden auch pensioniert bei den Bedienern von Anlagen und Maschinen, Monteuren, Hilfsarbeitern, Betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Fachkräften sowie den verschiedenen Arten von Bürokräften. Gerade im Schnitt aller MEM-Berufe liegt der Beruf Elektriker und Elektroniker.

Am wenigsten anstehende Neupensionierungen sind bei den wissenschaftlichen Berufen (inkl. Ingenieuren) zu verzeichnen (Anteil von 13%). Auch bei den ICT-Spezialisten, Ingenieurtechnischen Fachkräften, den Betriebswirten und im Beruf Metallarbeiter, (Poly-)Mechaniker und Produktionsmechaniker sind die Anteile der Neupensionierungen unterdurchschnittlich hoch.

Exposure: Anteil der neu einzustellenden Erwerbstätigen an den heutigen Erwerbstätigen in %, 2022-31

Quelle: BLS, BFS, BAK Economics

Die erwartete Nachfrage nach Berufen innerhalb der MEM-Industrie entwickelt sich für die nächsten 10 Jahre sehr unterschiedlich (vgl. Abb. 3). Hierbei spielt zum einen der technologische Fortschritt (Digitalisierung) eine entscheidende Rolle, zum anderen aber auch der sich (weiter) verändernde Platz der Schweizer MEM-Industrie in der globalen Wertschöpfungskette.

Der grösste Nachfrageanstieg wird in der MEM-Industrie bei den ICT-Spezialisten stattfinden: Das kumulierte Wachstum der Erwerbstätigen beträgt in diesem Beruf 22% innerhalb einer Dekade. Deutlich überdurchschnittlich entwickeln sich auch die wissenschaftlichen Berufe (inkl. Ingenieure) und Führungskräfte in der Produktion. Weiter liegen über dem Schnitt – auch wenn weniger ausgeprägt – die Kaufmännischen Führungskräfte, Elektriker und Elektroniker, Geschäftsführer, Ingenieurtechnischen Fachkräfte sowie der Beruf Metallarbeiter, (Poly-)Mechaniker und Produktionsmechaniker.

Am wenigsten stark wird die Nachfrage nach den Allgemeinen Büro- und Sekretariatskräften ausfallen. Unterdurchschnittlich entwickelt sich auch die Nachfrage nach Kaufmännischen Fachkräften, Fachkräften im Finanz-, Rechnungs- und Materialwesen, Monteuren, Bediener stationärer Anlagen und Maschinen sowie Hilfsarbeitern.

Der kombinierte Anteil der Neupensionierungen und der Neubeschäftigung an den heutigen Erwerbstätigen quantifiziert das Exposure in Bezug auf die insgesamt drohende Lücke der Arbeitskräfte in der nächsten Dekade. Das Arbeitskräfte-Exposure stellt deshalb einen aufschlussreichen Indikator für den zukünftigen Arbeitskräftemangel dar (vgl. Abb. 3).

Gemäss diesem Indikator ist der zukünftige Arbeitskräftemangel in der MEM-Industrie bei den Geschäftsführern, ICT-Spezialisten, Führungskräften in der Produktion und im kaufmännischen Bereich, Betriebswirten, wissenschaftlichen Berufen (inkl. Ingenieuren) sowie Elektriker und Elektroniker überdurchschnittlich hoch. Mit Ausnahme des letzteren Berufs (Elektriker und Elektroniker) sind dies alles Berufe mit einem stark überdurchschnittlichen Anteil an Erwerbstätigen mit Tertiärbildung. Im Schnitt der Berufe – mit einem Anteil von 29 Prozent neu einzustellenden Erwerbstätigen in den nächsten 10 Jahren – liegen die Berufe Bediener von Anlagen und Maschinen, Hilfsarbeiter und Monteure.

Für die MEM-Industrie unterdurchschnittliche Werte weisen hingegen neben dem Beruf Metallarbeiter, (Poly-)Mechaniker und Produktionsmechaniker auch die Berufe Ingenieurtechnische und Kaufmännische Fachkräfte, sowie Bürokräfte in Finanz-, Rechnungs- und Materialwesen, Präzisionshandwerker und Allgemeine Büro- und Sekretariatskräfte auf.

In der Abb. 4 ist dargestellt wie gross die Anzahl der Erwerbstätigen durch Neupensionierungen und zusätzliche Beschäftigungsnachfrage ist, die innert 10 Jahren eingestellt werden müssen, damit keine Lücke entsteht. Das Ranking der Berufe weicht von dem zuvor diskutierten ab, weil es zusätzlich berücksichtigt, wie stark ein Beruf heute in der MEM-Industrie vertreten ist. In dieser absoluten Betrachtung ist es der häufigste Beruf innerhalb der MEM-Industrie – der Beruf Metallarbeiter, (Poly-)Mechaniker und Produktionsmechaniker – welcher mit 14.1 Tausend neuen Erwerbstätigen an erster Stelle kommt. Darauf folgt der zweithäufigste Beruf: Ingenieurtechnische Fachkräfte (6.7 Tausend). Mehr als 4 Tausend neue Erwerbstätige zu rekrutieren gilt es auch bei den wissenschaftlichen Berufen (inkl. Ingenieuren), Führungskräften in Produktion und im kaufmännischen Bereich sowie ICT-Spezialisten.

Exposure: Anzahl der neu einzustellenden Erwerbstätigen wegen Neupensionierungen und Beschäftigungswachstum in Tsd., 2022-31

Quelle: SECO, x28, BFS, BAK Economics