Was bedeutet psychologische Sicherheit?

In der Arbeitswelt hat die Angst, seine Meinung zu sagen, sich an Entscheidungen zu beteiligen oder einfach nur seinen Arbeitsplatz zu verlieren, sehr negative Auswirkungen auf die Beschäftigten.

Sicherheit am Arbeitsplatz wird oft mit der Prävention von Arbeitsunfällen in Verbindung gebracht. In diesen von Unsicherheit geprägten Zeiten wird jedoch zunehmend darauf hingewiesen, dass Mitarbeitende gehört, ausreichend informiert und zu Eigeninitiative ermutigt werden müssen. Die Schaffung eines Klimas des Vertrauens ist daher von grundlegender Bedeutung.

Was versteht man unter psychologischer Sicherheit?

In der Arbeitswelt bezeichnet psychologische Sicherheit die Wahrnehmung eines Individuums, sich frei äußern oder Initiativen ergreifen zu können, ohne dafür beurteilt oder negativ bewertet zu werden. Bei einem hohen Maß an psychologischer Sicherheit werden Fehler allgemein akzeptiert und können leicht zugegeben werden. Es ist erlaubt, bei Bedarf Schwächen zu zeigen. Darüber hinaus werden innovative Initiativen oder sogar das Eingehen von Risiken nicht kritisiert.

Warum ist das wichtig?

Psychologische Sicherheit hat einen großen Einfluss auf die Schaffung einer gesunden Arbeitskultur und das Wohlbefinden im Unternehmen. Wenn sich die Mitarbeitenden sicher fühlen, sind sie eher bereit, Neues zu lernen, fühlen sich eingebunden und bleiben motiviert. Der interne Austausch wird gefördert, da jeder zu Wort kommt; die Teamarbeit funktioniert besser, weil sich niemand zurückzieht. Dies stärkt kreative Prozesse und die Innovationsfähigkeit. Außerdem lassen sich damit Fehlzeiten vorbeugen: Eine aktuelle Studie zeigt, dass Menschen eher dazu neigen, sich krankschreiben zu lassen, als sich bei Meinungsverschiedenheiten mit ihren Vorgesetzten auseinanderzusetzen. Dies lässt vermuten, dass Konflikte in hohem Masse mit Fehlzeiten am Arbeitsplatz zusammenhängen.

In der Praxis ermöglicht psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz somit:

– Das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Team zu fördern

– das Lernen durch das Recht, Fragen zu stellen, Feedback zu erhalten und aus Fehlern zu lernen, zu fördern

– die Eigenverantwortung und die Übernahme von Verantwortung zu stärken

– das Hinterfragen im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungs- und Innovationsprozesses zu fördern

Wie kann sie gefördert werden?

Die Haltung der Arbeitgeber und die Unternehmenskultur haben einen grossen Einfluss auf die Förderung der psychologischen Sicherheit am Arbeitsplatz, und ihr Aufbau erfordert oft tiefgreifende Veränderungen, die nicht von heute auf morgen geschehen. Es handelt sich um einen komplexen Prozess, aber er kann mit den folgenden Massnahmen beginnen:

– Runde Tische fördern, an denen sich jeder äußern kann

– Systematische Jahresgespräche anbieten

– Konstruktives Feedback geben, auch bei Fehlern

– bei Schwierigkeiten Empathie zeigen

– Teambuilding fördern

– Kommunikation transparent gestalten

Wie man sieht, spielt die Führungskraft eine wichtige Rolle bei der Schaffung einer offenen Arbeitskultur.  Aber auch die Mitarbeiter müssen ihren Beitrag leisten, durch ihre Haltung gegenüber Kollegen (zuhören, nicht urteilen) oder ihr Engagement (Fragen stellen, offen für Veränderungen sein und Lernbereitschaft zeigen).

Ein Bedürfnis der Zeit

Politische Umwälzungen, Arbeitszeitverkürzungen, Zölle… Es ist kein Geheimnis, dass wir in schwierigen Zeiten leben. Doch zwischen den bevorstehenden Herausforderungen und den Ressourcen, um wieder auf die Beine zu kommen, ist es vielleicht am schwierigsten, nicht zu wissen, wohin die Reise geht. Psychologische Sicherheit bedeutet daher auch, die Mitarbeitenden in Veränderungsprozesse einzubeziehen. Die Menschen müssen frühzeitig über anstehende Veränderungen informiert und direkt oder über Arbeitnehmervertretungen in wichtige Entscheidungen einbezogen werden.

Wie lässt sie sich messen?

Psychologische Sicherheit ist ein Gefühl und hängt zum Teil von unserer eigenen Wahrnehmung ab. Sie wird nicht immer von allen Mitarbeitenden eines Teams gleich empfunden, je nach ihren Erfahrungen oder den Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten. Durch konkrete Fragen lässt sich beurteilen, ob man sich am Arbeitsplatz sicher fühlt.

Man kann sich beispielsweise fragen, ob man sich in den folgenden Aussagen stark, mittelmäßig oder gar nicht wiederfindet:

« Ich kann mich bei Fragen leicht an meinen Vorgesetzten wenden. »
« Wenn ich einen Fehler mache, wird dies eher als Chance zum Lernen, denn als Grund zur Kritik gesehen. »
« Ich fühle mich in der Lage, meine Ideen frei zu äußern, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. »
« Das Feedback, das ich gebe, wird von meinen Kollegen und Vorgesetzten in der Regel geschätzt und berücksichtigt. »
« Wichtige Mitteilungen der Geschäftsleitung sind klar und verständlich. »
« Ich fühle mich respektiert und gut integriert in das Team. »
« Wenn ich privat eine schwierige Phase durchmache, kann ich bei Bedarf auch darüber bei der Arbeit sprechen. »

Hansjörg Schmid, Angestellte Schweiz

Hansjörg Schmid, Angestellte Schweiz

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